Deutsche Zuständigkeit für deliktische Ansprüche nach Autokauf in Bulgarien

Wer ein Fahrzeug von einem im Ausland ansässigen Verkäufer erwirbt, kann Ansprüche wegen einer behaupteten Täuschung im Inland vor Vertragsschluss über Mängel des Autos vor deutschen Gerichten geltend machen. Laut Bundesgerichtshof muss dafür ein gesetzlicher Anspruch geltend gemacht werden, der unabhängig von einem Vertragsverhältnis zwischen den Parteien besteht.

Firma kaufte Porsche in Sofia

Die Käuferin eines Porsche 911 Turbo nahm die Verkäuferin wegen Betrugs auf Schadensersatz in Anspruch, da das Fahrzeug zahlreiche Mängel infolge eines schweren Unfalls aufwies. Sie war über eine Internetplattform auf das Gefährt aufmerksam geworden. Der Sportwagen wurde im Inserat angeboten als sich "in makellosem Bestzustand" befindend. Als Verkäuferin war eine in Bulgarien ansässige Gesellschaft mit beschränkter Haftung angegeben. Über deren Vertreter in Deutschland nahm die Interessentin Kontakt auf. Sie bezahlte 60.000 Euro und ihr Geschäftsführer fuhr dann nach Bulgarien, um das Auto abzuholen. Dort unterschrieb er einen in bulgarischer Sprache abgefassten Kaufvertrag - ohne ein Wort davon zu verstehen. Im Vertrag wurde auf gravierende Vorschäden des Wagens hingewiesen. Mündlich erfuhr er lediglich, dass das Auto früher einmal gestohlen worden war.

OLG verneint Zuständigkeit

Während das LG Hannover der Klage stattgab, lehnte das OLG Celle seine internationale Zuständigkeit ab, da die bulgarischen Gerichte für vertragliche Ansprüche zuständig seien. Die Firma legte beim BGH Revision ein - letztlich mit Erfolg. Dieser hatte zunächst ein Vorabentscheidungsersuchen an den EuGH zur Klärung der Zuständigkeit für Klagen aus deliktischen Ansprüchen zwischen Vertragspartnern gerichtet. Nachdem diese Frage in einem anderen Prozess entschieden worden war (EuGH NJW 2021, 144 – Wikingerhof), nahm er sein Gesuch wieder zurück.

BGH: Ansprüche deliktischer Natur sind entscheidend

Der BGH bejahte die internationale Zuständigkeit der deutschen Gerichte aus Delikt. Aus seiner Sicht schließt das Zustandekommen eines Kaufvertrags zwischen den Parteien die Qualifikation des Klagebegehrens als unerlaubte Handlung nach Art. 7 Nr. 2 VO (EU) 1215/2012 nicht aus. Dabei komme es darauf an, ob ein gesetzlicher Anspruch geltend gemacht werde, der unabhängig von einem Vertragsverhältnis zwischen den Parteien bestehe. Dem VI. Zivilsenat zufolge hat die Käuferin ihre Klage auf einen deliktischen Anspruch, also auf eine gesetzliche Verpflichtung gestützt. Es gehe um den Verstoß gegen die jedermann treffende Pflicht, keine betrügerischen Verkaufsinserate zu schalten, § 823 II BGB iVm § 263 StGB. Der Vertragsschluss sei nur insoweit von Bedeutung, als er Ziel und Folge der Täuschung gewesen sei. Der BGH verwies die Sache daher an das OLG zurück.

zu BGH, Urteil vom 20.07.2021 - VI ZR 63/19
Redaktion beck-aktuell, 1. Sep 2021